Kopfbild links grün mit Rollstuhlfahrer am Lagerfeuer
 

Gedanken zur Wahlfreiheit und Inklusion am Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen (3. Dezember)

03.12.2021

Es gibt noch ganz viel zu tun - aber es tut sich auch viel in der Steiermark

Seit der Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-BRK) durch die österreichische Bundesregierung im Jahre 2008 sind die steirischen VerantwortungsträgerInnen in Politik und Verwaltung bemüht, sich durch den steirischen Aktionsplan und die damit einhergehende gesetzliche Adaptierung des steirischen Behindertengesetzes (StBHG) der UN-BRK zugunsten eines selbstbestimmten Lebens für SteirerInnen mit Behinderung anzunähern.
So unterstützen wir in vollem Maße den mit 2012 eingerichteten Aktionsplan der Steiermark zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, welcher sich mittlerweile in Phase 4 befindet.

 
 
 
 

Diese Phase erstreckt sich über den Zeitraum von 2021 bis 2023, welcher unter anderem die Partnerschaft Inklusion und die Flexibilisierung des Leistungsangebotes der steirischen Behindertenhilfe beinhaltet.

Selbstbestimmt Leben Steiermark sieht in dieser Gesetzesreform einen großartigen und mutigen Schritt in Richtung Inklusion durch das Fördern von „Selbstbestimmung“ für Menschen mit Behinderung und stellt dazu fest:

  • Unabhängig in der Gesellschaft zu leben und zwar zu denselben Bedingungen wie Menschen ohne Behinderungen ist ein in der österreichischen Verfassung und dem StBHG verankertes und in der UN-Behindertenrechtskonvention verschriftlichtes Menschenrecht.
  • Mit der Gesetzesreformierung des steirischen Behindertengesetzes wird insbesondere den Menschenrechten in Bezug auf die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung Folge geleistet.
  • Der allgemeine Kommentar Nummer fünf der UN-Behindertenrechtskonvention macht zudem deutlich, dass Großeinrichtungen der Behindertenhilfe schrittweise abgebaut und durch flexible Leistungen ersetzt werden müssen.

Vorteile hinsichtlich der Wahlfreiheit zwischen Sach- und Geldleistungen:

Die "Wahlfreiheit" für Menschen mit Behinderung ermöglicht:

  • Passende(re) Hilfen
  • Individuelle Lösungen
  • Zeitliche Flexibilität und
  • Auswahl der Unterstützung
  • Persönliche Assistenz
  • Sicherstellung der Versorgung und Stabilisierung
  • Aktivitäten und Teilhabe
  • Selbständige Lebensführung
  • Entlastung des sozialen Umfeldes

Als Alternative zu sog. Sachleistungen können bedarfsorientierte Geldleistungen Menschen mit Behinderung größere Handlungsspielräume eröffnen und ihnen eine eigenständigere Gestaltung ihres Lebens ermöglichen.


Insbesondere ist die Persönliche Assistenz für Menschen mit einfachem und höherem Pflegebedarf, Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen sowie Menschen mit komplexen Behinderungen ein Garant für flexible, selbstbestimmte Lebensführung 365 Tage im Jahr.

Menschen mit Lernschwierigkeiten haben mit Persönlicher Assistenz die Möglichkeit über zB den Dienstleistungsscheck ihren Nachbarn für einfache Tätigkeiten zu engagieren, ob das der rasche Einkauf ist, die Erklärung über die Bedienung eines Küchengerätes oder Unterstützung bei der Zubereitung von Mahlzeiten, auch hiebei ist Laiendienst absolut ausreichend. Dabei agiert der Mensch mit Behinderung als Arbeitgeber im unmittelbaren Umfeld, was seine Person aufwertet und das nahe Umfeld sensibilisiert. Für eine sachlich und fachlich richtige Dokumentation und Abrechnung der Geldleistung kann seitens des Menschen mit Lernschwierigkeit ein Fachdienst der steirischen Behindertenhilfe oder die Erwachsenenschutzvertretung herangezogen werden.

Seit langem fordern die Selbstbestimmt Leben Initiativen Österreichs und das Vertretungsnetzwerk für Menschen mit Lernschwierigkeiten „Mensch zuerst“ das Recht auf volle gleichberechtigte Teilhabe und ein Leben mitten in der Gesellschaft, das Recht auf Arbeit, auf Sozial- und Pensionsversicherung und Gehalt statt Taschengeld.

Speziell die Selbstvertretungen von Menschen mit psychischen Erkrankungen und Menschen mit Lernschwierigkeiten sehen in der Möglichkeit einer Wahlfreiheit und Flexibilisierung zwischen Sach- und Geldleistung einen großen Schritt in Richtung Selbstbestimmung.

Neben dem bekundeten Willen der Politik und Verwaltung braucht es aber gerade auch die Bereitschaft der steirischen Sozialwirtschaft neue Menschenrechts-konforme Angebote zur Inklusion von Menschen mit Behinderung zu unterstützen und zu fördern.


Seit drei Jahrzehnten ist die Steiermark österreichweit führend in der Gestaltung ihrer Gesetze zur Inklusion von Menschen mit Behinderung in Österreich. Dieser steirische Weg wird mit dieser Novellierung des StBHG weiterhin erfolgreich fortgesetzt.


“Selbstbestimmt leben heißt, Kontrolle über das eigene Leben zu haben, basierend auf der Wahlmöglichkeit zwischen akzeptablen Alternativen, die die Abhängigkeit von den Entscheidungen anderer bei der Bewältigung des Alltags minimieren. Das schließt das Recht ein, seine eigenen Angelegenheiten selbst regeln zu können, an dem öffentlichen Leben der Gemeinde teilzuhaben, verschiedenste soziale Rollen wahrnehmen und Entscheidungen fällen zu können, ohne dabei in die psychologische oder körperliche Abhängigkeit anderer zu geraten. Unabhängigkeit (‘Independence’) ist ein relatives Konzept, das jeder persönlich für sich bestimmen muss.” (Frehe in LOS Nr. 26/1990)


Das Bekenntnis zur Selbstbestimmung ist ein Bekenntnis zum Menschenrecht.
Inklusion bedeutet Fortschritt und nicht das Bewahren alter Systeme.


Wir bedanken uns bei Frau Landesrätin Mag. Doris Kampus und den ExpertInnen der Fachabteilung Soziales, Arbeit und Integration, Behindertenanwalt Mag. Siegfried Suppan und seinen MitarbeiterInnen der Regionalen Beratungszentren und Herrn Heinz Sailer / Vorsitzender des steirischen Monitoringausschusses für ihren Mut, ihre Tatkraft und ihr Engagement in der beharrlichen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in der steirischen Gesetzgebung.

LR Mag. Doris Kampus am Rednerpult vor Publikum im Rahmen des Festaktes zu 15 Jahren StBHG  © Land Steiermark 
LR Mag. Doris Kampus am Rednerpult vor Publikum im Rahmen des Festaktes zu 15 Jahren StBHG
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